Startseite

FG BRD-Kuba

Cuba Libre

Informationen

Miami 5

Projekte


Termine

Presse

Buchtips

Reisen


Links

Downloads

Impressum


Newsletter anfordern:
Aktuelles όber unseren email-Verteiler: e-mail


Integration zwischen Amerikanischer Freihandelszone und bilateralen Verträgen


Einführung

Die Lateinamerikaner im Allgemeinen und wir Kubaner im Speziellen stehen positiv zur Integration, denn dieser Prozess wird seit dem 19. Jahrhundert gewöhnlich als Projekt der Emanzipation der Region verstanden. Als Komponente dieses Projektes bringt man es in der alltäglichsten und weitestverbreitesten Interpretation mit der erwünschten lateinamerikanischen Einheit zusammen, aber die realen Vorgänge, die sich heute unter diesem Namen entwickeln, unterscheiden sich sehr von den libertären Paradigmen.

In Lateinamerika und der Karibik versteht man die ersehnte regionale Konvergenz in einem vielschichtigen Prozess der Annäherung aller seiner wirtschaftlichen und politischen Strukturen, basierend auf dem Respekt vor den Unterschieden und den verschiedenen kulturellen Ausdrucksformen, als Prämissen des Aufbaus einer Integration. Aber betrachtet man die real existierende Integration, handelt es sich doch um verschiedene Prozesse und Integrationsstile. Unter dem Terminus der Integration finden sich so ungleiche Prozesse wie die subregionalen Integrationsentwürfe, die bilateralen Freihandelsverträge (TCL) der lateinamerikanischen Länder untereinander, die Freihandelszone Nordamerikas (TLCAN), engl. NAFTA), die TLCs mit den USA sowie die nun verschobene Amerikanische Freihandelszone, ALCA.

Wenn auch die Idee der lateinamerikanischen und karibischen Integration auf lange Sicht Teil der Lösung der regionalen Probleme ist, so muss man doch unterstreichen, dass die Integration keine unabhängige Variable ist, im Gegenteil ist es nicht realistisch eine solidarischen Integration und eine gleichmäßige Entwicklung unter Ländern zu erwarten, die wirtschaftlich neoliberale Politik anwenden. Daraus folgt, dass die jetzigen Integrationsprozesse unter dem Zeichen des neoliberalen Modells stattfinden, über Integration zu diskutieren und dabei die Diskussion über das Modell der Akkumulation zu vermeiden bedeutet einen attraktiven Diskurs zu führen, der aber voll von Zweideutigkeiten ist und unfähig, Vorschläge zu entwickeln.

Modell der Akkumulation – Stil der Integration

Will man die Entwicklung der institutionalisierten lateinamerikanischen und karibischen Integration für das vergangene und das jetzige Jahrhundert grob schematisieren, so lassen sich zwei große Etappen festmachen, die mit den Veränderungen beim Akkumulationsmodell einhergehen, das in jedem der Länder stattfindet. Die erste Etappe nimmt die Integrationserfahrung, die unter dem als Importsubstituionsindustrialisierung (ISI) bekannten Modell gemacht wurden, auf; die zweite vereint sowohl die Erfahrungen der Wiederfuktionalisierung historischer Integrationsschemata für das neoliberale Modell als auch neue Modalitäten der Integration und den Vorschlag der Formierung von ALCA.

Die Integrationsprozesse der Sechziger- und Siebzigerjahre schlossen die Teilnahme zentraler Länder aus und genauso wenig konnten sie auf die Zustimmung der USA zählen, denn obwohl die Transnationalen Konzerne (TNK) die Nutznießer dieser Prozesse waren, gab es Normen, die eine Vorzugsbehandlung für nationales und regionales Kapital gegenüber dem aus anderen Breiten vorsah, sowie auch Restriktionen für Auslandsinvestitionen in für die Entwicklung als strategisch angesehenen Sektoren.

Nach der Schuldenkrise, ab 1985 und dann bis 1990, schwächten sich die Integrationsprozesse erheblich ab; diese Periode war charakterisiert durch Handelsabkommen in einem Kontext der wirtschaftlichen Öffnung im größten Teil der lateinamerikanischen Länder.

Nach einer langen Phase der Reibung, die mit der Importsubstitutionsindustrialiserung – speziell mit dem Andenpakt, das am weitesten fortgeschrittene und integralste Integrationsprojekt -,freuen sich die Vereinigten Staaten, dass der Druck der internationalen Finanzorganisationen während der Schuldenkrise der Achtzigerjahre letztlich bewirkt hat, dass die lateinamerikanischen Länder ein Akkumulationsmodell angenommen haben, das dem Auslandskapital eine größere Aktionsfreiheit bot und ihm Anreize gab zu kommen.

Aus der nordamerikanischen Sicht würden unter den neuen Bedingungen bestimmte Formen der wirtschaftlichen Integration zwei wesentliche Funktionen erfüllen: Instrument der Konsolidierung der Wirtschaftsreformen zu sein und die betreffenden Gebiete als Einflussgebiete zu definieren.

Auf diese Art erscheint die wirtschaftliche Integration in den Neunzigerjahren, im Gegensatz zu den drei vorhergehenden Jahrzehnten, als Grundpfeiler der US-amerikanischen Strategie in der Region. (1)

Die existierenden Integrationsprozesse werden endgültig akzeptiert, wenn sie nicht im Widerspruch zum Geist von ALCA stehen, und blockiert, wenn sie die konkreten Interessen der USA kreuzen. Dies gilt auch, wenn sie eine Herausforderung für ihre Führerschaft darstellen oder ihren außeramerikanischen Konkurrenten wie der Europäischen Union oder China einen Raum geben, was auch die verdeckte Kampagne gegen den MerCoSur erklärt.

Im neuen Akkumulationsmodell wiederholt sich unter neuen Modalitäten der alte, von den unterentwickelten Ländern nicht gelöste Widerspruch zwischen nationaler Entwicklungspolitik und Einschaltung des Auslands; die Notwendigkeit, den nationalen Markt vor der Auslandskonkurrenz und dem Destabilisierungseffekt unkontrollierter Kapitalbewegungen zu schützen, stößt auf die mit den Multilateralen Organisationen eingegangenen Verpflichtungen, die Prozesse der Öffnung nicht zurückzunehmen: als ein Requisit zu Kreditwürdigkeit gegenüber den Kapitalagenten.

So überlagern und kreuzen sich in den Neunzigerjahren in der Integration in Lateinamerika Charakteristiken und Erwartungen an die historischen Integrationsprozesse mit den neuen Formen des Regionalismus.

Aus dieser Perspektive ist es sinnvoll davon auszugehen, dass man von der Integration nicht verlangen kann, Lösungen und antworten jenseits des wirtschaftlichen Modells zu haben. Die aktuellen Prozesse sind Resultat der Wiederfunktionalisierung und Anpassung der Integrationsprozesse der Sechziger- und Siebzigerjahre an die neuen Funktionsbedingungen des Kapitalismus. In der Praxis hat das einen substanziellen Rollenwechsel der Integration mit sich gebracht, denn in dem neuen Modell gibt es ein Öffnungsinstrument im regionalen und subregionalen Bereich.

Wenn wir als Realität anerkennen,
dass unter dem Gepräge der neoliberalen Politik in Lateinamerika der innere Markt keine entscheidende Achse des Akkumulationsprozesses ist (sondern die Exporte),
dass ein guter Teil der heimischen Unternehmen, die für den Binnenmarkt produzierten, "umgedreht" wurden und nun Export- oder Importunternehmen sind, dass das Hauptziel der Exporte von mehr als der Hälfte der 500 größten Unternehmen mit Sitz in der Region USA heißt, dass dieses Land des "nationalen" Kapitals mit dem Prozess der Entnationalisierung sowie der Privatisierung (2) und wirtschaftlichen Deregulierung geringer geworden ist,
dann erscheint das "Wünschenswerte" der Amerikanischen Freihandelszone und der bilateralen Freihandelsverträge – noch in Verhandlung oder schon ausgehandelt – klar, kohärent und kompatibel mit der ökonomischen Rationalität des Modells, und so erklärt sich die wirtschaftliche Basis der politischen Unterstützung für solcherart Projekte in der Region.

Diese Reflektion zeigt: die Suche nach Alternativen zu ALCA und den TLCs bedingt die Ersetzung des aktuellen Akkumulationsmodells durch ein anderes. Die konsequente Opposition zu ALCA und den TLCs beinhaltet eine antineoliberale Strategie. Sehr vereinfacht, fast karikiert, ließe sich sagen, dass Alternativen theoretisch in zwei Richtungen gehen können: innerhalb des Systems oder außerhalb von ihm. In den lateinamerikanischen und karibischen Ländern würde die erste heute einen Reformkapitalismus beinhalten, und den Neoliberalismus eliminiert das die Alternative tragende und sie in ein politisch gangbares Projekt verwandelnde Subjekt. Die zweite Alternative ist noch nicht gereift und scheint auf kurze Sicht keine politische Option zu sein, nicht einmal in von Linksparteien regierten Ländern. Beide haben gemein, dass sie einen Wechsel in den entscheidenden Verteilungskriterien wollen (obwohl unterschiedlich), das heißt in den Besitz- und Verfügungsformen; wie auch bei der Rolle des Staates (und dessen Verhältnis zum Markt und den Bürgern) und der Rolle des Binnenmarktes.

Essenz von ALCA: die Enteignung

Sowohl die aktuellen lateinamerikanischen Integrationsprozesse als auch ALCA und die TLCs stehen gegen die neoliberale Logik, aber das hemisphärische Projekt unter dem Deckmantel der Rede vom freien Handel sieht eine Enteignungs-, Herrschafts- und imperiale Expansionsstrategie vor.

Die Widersprüche bei den ALCA- und TLC-Verhandlungen sind nicht, wie behauptet, eine Debatte zwischen Protektionisten und Freihändlern. Das zentrale Thema von ALCA und den TLCs ist nicht der Handel, sondern die Investitionen und andere Themen, die mit Eigentum zu tun haben; auch die regulierende Kraft der Staaten durch ein internationales Abkommen außer Kraft zu setzen.

Die "Heritae Foundation", Think Tank von anerkannter Nähe zu den republikanischen Regierungen, veröffentlichte am 12. April 2001 einen Artikel von Ana I. Eiras, Advancing Free Trade in Latin America at the Quebec Summit of the Americas", in dem sie die Vorgaben für eine neuartige Strategie in der nordamerikanischen Handelspolitik gegenüber Lateinamerika skizierte. Hier einige Ideen der Arbeit:

- "Obwohl Präsident Bush die Schaffung einer Amerikanischen Freihandelszone während des Gipfels von Quebec unterstützt, sollte er dennoch nicht der Versuchung verfallen, ALCA in der beim Erst n Amerikagipfel 1994 vorgelegten Form wiederzubeleben. Damals versuchte die Clinton-Regierung den Freihandel an das Jahr 2005 zu binden. Statt die Länder anzureizen, ihre Märkte weiter zu öffnen, brachte diese Politik sie dazu ihre Liberalisierung zu bremsen. Die lateinamerikanischen Regierungen hatten gemerkt, dass Reformen ein Verhandlungsposten in den künftigen Handelsabkommen sein würden, ein Trumpf, der verspielt wäre, wenn vor 2005 liberalisiert würde; dann wäre der Moment für ein Handelsabkommen mit den USA günstig."

Und weiter:

- "George Bush solle diese Anreizblockade eliminieren und sofort jedem Land Freihandelsverträge anbieten, das seine Ökonomie liberalisiert hat."

Dieses Kriterium fest im Blick, empfiehlt der Artikel, dass Präsident Bush auf dem Quebec-Gipfel eine neue Handelsstrategie für Amerika vorschlagen soll, deren Ursprung ein Vorschlag ist, der im Weltwirtschaftsindex 2011, gemeinsam veröffentlicht von The Heritage Foundation und Wall Street Journal, publik wurde, wo eine Assoziation globalen Freihandels (Associación de Libre Comercio Global – ALCG) angekündigt wird, deren Beteiligung die Erfüllung von vier Bedingungen voraussetzt: offene Handelspolitik, transparente und offene Auslandsinvestitionspolitik, geringstmögliche Menge von Regulierungen für die Ansiedlung neuer Unternehmen und garantierte Besitzrechte.

Es wurde präzisiert:

"ALCG unterscheidet sich von ALCA dadurch, dass im ersteren die Länder vor dem Eintritt in den Club ihre Märkte öffnen müssen. Es ist eine Handelsstrategie, die speziell die Verpflichtung einer Nation zur wirtschaftlichen Freiheit belohnt."

Außerdem empfiehlt die Arbeit die Reformarten, die die lateinamerikanischen Länder durchführen sollen, um für ALCG in Frage zu kommen. Sie hängen mit der Deregulierung des Arbeitsmarktes, der Verringerung von Handelsschranken, der Absicherung von Besitzrechten, Reduzierung von Unternehmensregularien und Öffnung der Märkte für ausländische Investitionen zusammen.

Das Dokument bringt auch in Erinnerung, was nicht geschehen soll:

- "Es darf nicht einfach auf die Liberalisierung verzichtet werden, um ein Handelsabkommen zu erreichen. Die Vereinigten Staaten, die die stärkste und reichste Wirtschaft der Welt besitzen, werden nicht wesentlich reicher durch die Unterschrift unter einem Freihandelsabkommen mit einem seiner lateinamerikanischen Nachbarn."

Die aktuelle Verhandlungsstrategie der US-Unterhändler, bekannt als "Wettbewerbsliberalisierung", ist die Materialisierung der in dem erwähnten Werk dargelegten Logik. In der letzten Zeit entwickelten die USA eine Häufung von Verhandlungen über Handelsabkommen mit Chile, Zentralamerika, der Dominikanischen Republik, Singapur, Australien, Marikko, Bahrein, der Südafrikanischen Zollunion (SACU) und Panama, die sich den vorherigen mit Jordanien, Israel, Mexiko und Kanada anschließen. Außerdem befinden sie sich mitten in Verhandlungen mit Kolumbien, Ecuador und Peru, zu diesen Abkommen würde vermutlich Bolivien kommen. Diese Lawine von Abkommen funktioniert wie ein Druckmittel für die außen vor bleibenden Länder, welche sich gezwungen sehen ihre Widerstandsnester zu reduzieren und zu verhandeln aus Angst, von einem Abkommen mit den USA ausgeschlossen zu bleiben.

Die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten ziehen das Interesse und die Anstrengung des größten Teils der Länder der Region auf sich, auf Kosten der Konsolidierung eigener Integrationsmodelle. Es ist wichtig mit den Erfordernissen des Akkumulationsmodells in Verbindung zu bringen, was genau beide Teile in diesem Prozess erwartet, speziell aus lateinamerikanischer Sicht.

Erwartungen an ALCA

Lateinamerika
- Zugang zu Märkten, speziell Waren
- Anziehung von Investitionen
- Modernisierung der Produktionsanlagen
- Vorzugsbegünstigungen in beständige Verträge überführen

Vereinigte Staaten
- Zugang zu Märkten, speziell zu Dienstleistungen, Ausbeutung von Rohstoffen
- Lateinamerika und Karibik als Einflusszonen institutionalisieren
- Konsolidierung und Vertiefung der Liberalisierung
- Referenz für multilaterale Verhandlungen

In welchen Verhandlungsgruppen werden die jeweiligen Vorhaben erreicht?

Die Themen der Agenda der ALCA-Verhandlungen hinsichtlich des Anwachsens der Exportkapazität der lateinamerikanischen Länder sind: Landwirtschaft, Subventionen, Antidumping, Ausgleichsrechte etc.

Für die Vereinigten Staaten sind die Investitionen direkt mit Konkurrenz-, Dienstleistungs- und Regierungseinkaufspolitik verbunden. Falls da Thema der Investitionen durch den Widerstand einiger Teilnehmer beschränkt würde, könnten sie immer noch perfekt den größten Teil ihrer Vorhaben beim Thema Konkurrenz durchsetzen, das sich allgemein gegen Monopole richtet, aber spezeill gegen das der Staaten.

Die lateinamerikanischen und US-Erwartungen bei ALBA offenbaren ihre unterschiedliche Natur; die ersteren haben Handelscharakter, während die der USA mit geopolitischen und geoökonomischen Wünschen zu tun haben. Im Santa-Fe-IV-Dokument steht explizit: "Die Naturressourcen der Hemisphäre müssen verfügbar sein, um unseren nationalen Prioritäten zu dienen. Eine 'Monroe-Doktrin' wenn man so will."

Trotz des beschleunigten Prozesses der Transnationalisierung der lateinamerikanischen Wirtschaften existieren immer noch Bereiche und Aktivitäten, die dem Staat oder Einheimischen vorbehalten sind, auch spezifische Regularien usw., die den Aktionsradius der TNK begrenzen, hauptsächlich im Erdölbereich, bei der Stromerzeugung und bestimmten Aktivitäten der Telekommunikationsbranche.

Die Ölindustrie ist die global am stärksten internationalisierte Branche, aber nur hinsichtlich des Handels. Während die Zonen des stärksten Verbrauchs nicht die der größten Produktion sind, ist das bei den Investitionen anders. Wenn auch während der Neunzigerjahre in einigen Produktionsländern Reformen zugunsten einer größeren Beteiligung privaten Kapitals gemacht wurden, so bleibt es allgemein doch im Bereich der Beschränkung für Auslandskapital.

2000 erreichten die Exporte der staatlichen lateinamerikanischen Ölfirmen 48 Milliarden Dollar, was 14 Prozent der Gesamtausfuhren der Region ausmacht.

Es ist nützlich darauf hinzuweisen, dass der Prozess der lateinamerikanischen Transnationalisierung/Entnationalisierung in der Region nicht unisono vonstatten ging; in einigen Ländern, wie Argentinien, bleibt nicht viel zu privatisieren, während in anderen wie Brasilien ist das Gleichgewicht des Staates, obwohl abnehmend, signifikant. Diese Unterschiede erklären zum Teil die Verschiedenheit der Positionen in den ALCA-Disziplinen.

Der Verhandlungsprozess hat gezeigt, dass das Hauptinteresse der lateinamerikanischen Länder bei ALCA und TLCs der Zugang zum nordamerikanischen Markt, im besten Fall wahr würde, wenn die US-Wünsche bei Investitionen, Dienstleistungen, Regierungskäufen und Schutz geistigen Eigentums erfüllt werden. Die Asymmetrie der Macht bei ALCA- und TLC-Verhandlungen definieren einen ungleichen oder nicht äquivalenten Austausch bei den Verhandlungen. Der strategische Wert der lateinamerikanischen Konzessionen ist vergleichbar mit den faktischen Marktquoten der Vereinigten Staaten.

ALCA als Projekt der Enteignung erweitert das Universum des Expropriierbaren, es sind nicht mehr nur die Unternehmen und Dienstleistungen, sondern jetzt gehören dazu öffentliche Leistungen, Ressourcen und Güter auf dem Gebiet und daher bedeutet es das Streben nach territorialer Kontrolle. Abschließend lässt sich sagen, dass ALCA den Staaten ihre souveräne Regierungskapazität "enteignet".

Wie haben sich die Integrationstypen gegenüber ALCA positioniert?

Seit 1997 wurden die lateinamerikanischen Integrationsmodelle als Verhandlungsinstanzen gegenüber ALCA anerkannt. Die nationalen Merkmalen wie Größe der Wirtschaft, Wirtschafts- und Exportstruktur, Reife des Öffnungs- und Liberalisierungsprozesses sowie unterschiedliche Strategien der TNK gegenüber den Unterregionen bedingen eine differenzierte Bewertung der Kosten und Gewinne aus ALCA.

Wollen die originale Version von ALCA bezüglich Zeitpunkt und Inhalt der Verhandlungen: USA, Kanada, Chile, Mexiko, Kolumbien, Zentralamerika, Dominikanische Republik, Peru, Ecuador, Bolivien.

ALCA "light" und "extralight" (abgeschwächte Varianten) mit Start in 2005, wenn es keine befriedigende Antwort bei den Agrarsubventionen gibt: Mercosur.

Bitten um differenzierte Behandlung und Kompensationsfonds. Mögliche Verschiebung für einzelne Themen auf nach 2005. Noch eine Antwort der USA erhalten: CARICOM.

Stellt ALCA in Frage: Venezuela.

Die vielleicht kohärenteste Vorgehensweise – mit einer Stimme zu sprechen, Zusammenarbeit bei den Verhandlungen zu zeigen und als block Arbeits- und Verhandlungsgruppen vorgestanden zu haben – hatte die CARICOM (Carribian Community).

SICA (Zentralamerikanisches Integrationssystem) ist wegen CAFTA (Zentralamerikanische Freihandelszone (6)) in der Auflösung befindlich.

Die Andengemeinschaft (CAN) entwickelt sich im Ergebnis der TLC-Verhandlungen Kolumbiens, Ecuadors und Perus mit den USA hin zu ihrer graduellen Auflösung: die Verhandlungstexte stehen teilweise in Widerspruch zu den CAN-Normen, zum Beispiel beim geistigen Eigentum. Bolivien könnte in diesem Jahr zu den Verhandlungen stoßen. Außerdem ist ein Ausschluss Venezuelas aus den andinen Interessen absehbar. Es ist Interessant, wie ein Abbau der Elemente, die eine gemeinsame Position dieses Zusammenschlusses sichern sollten, vorangetrieben wurde; ein letzter Hinweis darauf war die Entscheidung der 15. Andenratspräsidentschaft im Juli 2004, dass die Mitglieder bilaterale Verhandlungen mit Dritten machen dürfen, auch wenn gemeinsame Interessen Priorität haben. Die autorisierten Verhandlungen im Bereich Handel können die Etablierung von Freihandelszonen beabsichtigen, z.B. die TLC-Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten nachzeichnet. Der nordamerikanische Markt ist erstrangig für andine Produkte, was das Interesse jener Länder für eine Beibehaltung von Zugangspräferenzen für diesen Markt erklärt. Der innerregionale Markt, auch inclusive MerCoSur, ist nicht so wichtig, als das Druck für einen Prioritätenwechsel zu machen wäre. Deshalb sind die bilateralen Verhandlungen mit den USA sogar eine bessere Option als ALCA, da – bislang – die Länder des MerCoSur potentielle Konkurrenten auf dem US-Markt sein können.

Das Hauptziel der Andenländer ist es, die Zugangspräferenzen für den US-Markt (ATPDEA, läuft 2006 aus) beizubehalten. Diese Erwartung seitens der Andenstaaten war ein günstiger Rahmen für die Schlichtung von Streitigkeiten mit US-Korporationen, deren Lösung eine Bedingung für den Beginn von Verhandlungen war. Sie können oberhalb der Staatseinnahmen liegende Ausgaben bedingen, wie im Falle Kolumbiens, das zahlt, um neue Bedingungen für die Termine des geistigen Eigentums festzulegen, deren Nichteinhaltung die Suspendierung der ATPDEA-Vergünstigungen bedeuten kann.

Der MerCo Sur ist die Integrationseinheit, die ihrem Gebiet Präferenz einräumt und mit dem Ziel, nicht von ALCA absorbiert zu werden, auf eine interessante Strategie der Suche nach nicht-traditionellen Märkten außerhalb Amerika setzt. Das ist eine Tendenz, die 2005 weitergehen dürfte, mit Annäherung an Russland, Korea usw. Im Jahre 2003 unterschrieb er eine Vereinbarung fester Zollpräferenzen mit Indien und beendete praktisch die Verhandlungsphase mit der CAN.

Diese Strategie erlaubt dem MerCoSur eine Art Ersatz für den großen, konzentrierten US-Markt durch andere, ebenfalls große, verteilte Märkte. Es fehlt auch an Potentialität, angesichts der Möglichkeiten von denkbaren Vorteilen durch ALCA ausgeschlossen zu sein. In dieser Richtung war die Annäherung des Handelsblocks an China hervorzuheben. Die chinesische Nachfrage zeigt sich als relativer Faktor im Exportwachstum des Blocks; dennoch müssen drei Fragen beachtet werden: erstens das Gewicht, das Rohstoffe in der Exportstruktur der Region in dieses Land haben; zweitens bedrohen die chinesischen Exporte nicht nur die Bewegung von Industrieprodukten im innersubregionalen Markt, sondern auch in dritten Märkten; und drittens hinsichtlich ALCA käme, ein Mitbewerber mit Vorteilen wäre der MerCoSur wichtige Konzessionen für einen US-Markt machen müsste.

Perspektiven

Angesichts des Voranschreitens der ALCA-Verhandlungen mittels der TLCs mit den Andenländern sind die Möglichkeiten, die dem Bündnis CAN-MerCoSur zugerechnet werden, eingeschränkt. Die erreichte Vereinbarung entspricht mehr der brasilianischen Strategie der Materialisierung seine Führerschaft als der Logik eine erweiterten Blocks, dessen Interessen mehr mit der Entwicklung von Infrastruktur zu tun haben als mit der Konstruktion einer Identität für Verhandlungen mit Dritten.

Wie man sieht, laufen die existierenden Integrationsmodelle Gefahr, von ALCA oder den TLCs aufgelöst und sinnentleert zu werden, in letzteren gibt es günstigere Angebote für die, die die größten Konzessionen machen, womit man den Widerstand des MerCoSur perforiert, wo die Agroindustrie und einige Beamte der Regierung Brasiliens beginne, den Verhandlungen mit den USA Vorzug zu geben.

In eine andere Richtung und auf die Notwendigkeit von neuen Formen der Integration der lateinamerikanischen Länder gerichtet gehen die kürzlichen Vereinbarungen zwischen Argentinien und Venezuela sowie Brasilien und Venezuela, in denen die Möglichkeiten einer strategischen Allianz für die Verwaltung, Nutzung, Bewahrung und Verteidigung der Wasser- und Energiereserven in Südamerika gestärkt werden, beginnend mit der Neugründung des staatlichen Besitzes daran, sowie der Schaffung eines Fernsehkanals und der Stärkung der lateinamerikanischen kulturellen Identität.

Seinerseits ist das Abkommen Kuba-Venezuela vom Dezember 2004 ein relevanter Schritt beim Aufbau einer alternativen Integration. In diesem Abkommen werden andere Prinzipien als in den restlichen Prozessen etabliert, in Stichworten: Handel und Investitionen sind nicht Ziel für sich, ökonomischer Ausgleich, Erlangung von gegenseitigen Vorteilen, der Staat als Regulator und Koordinator, Schaffung von sozialen Notfonds, Respekt vor den Verpflichtungen, die sich aus anderen Vereinbarungen ergeben, Nachdruck auf das Soziale, Verteidigung der Kultur.

Diese letzten Vereinbarung bilden die ersten Schritte eine neuen Vorschlags für die Integration: die Bolivarianische Alternative für Amerika (ALBA).

1) Smith, Peter: "Talons of the Eagle: Dynamics of US-Latinamerican Relations", Oxford University Press, USA 1996

2) Nach der Zeitschrift "Amerika Wirtschaft" war die Besitzstruktur der 500 größten Firmen der Region zwischen 1990 und 1992 wie folgt: 33 Prozent staatlich, 39 Prozent national privat und 27 Prozent ausländisch; für 1998 bis 2000 repräsentierten die staatlichen 21 Prozent, die national privaten 38 Prozent und ausländische 42 Prozent. Von den 100 führenden Filialen von TNKs sind 52 nordamerikanisch, von den 100 führenden produzierenden Unternehmen tragen die ausländischen zu 62 Prozent der Umsätze bei.

3) CEPAL (Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik): Inversión Extranjera en América Latina y el Caribe (Auslandsinvestitionen in Lateinamerika und der Karibik), Bericht 2002, LC/G2198-P, März 2003, http://www.cepal.org

4) Engl.: Central American Free Trade Area, Neben den USA von den fünf zentralamerikanischen Staaten und der Dominikanischen Republik unterschrieben, ist z.Z. Im Ratifizierungsprozess

Alle Angaben (bis auf 4) durch die Autorin


Lourdes María Regueiro Bello / Kuba
Marxistische Blätter 3-05
Marxistische Blätter





Spenden


Mitglied werden


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba bei Facebook


Logo junge Welt

Logo Soliarenas

Logo Komitee Basta Ya

AG Kuba-Solidarität - DKP

Logo amerika21.de

Logo Che

Logo Aktionsbuendnis Venezuela Berlin

Logo TeleSur